Mehr Wollen, weniger Sollen – Oder: Die Abwesenheit von Druck ist nicht das gleiche wie Genuss

Hier ist eine der wichtigsten Lektionen, die ich in den letzten Jahren in meiner persönlichen Entwicklung gelernt habe:

In meinem Kopf regiert eine Stimme, die mir ständig sagt, was ich alles (noch) tun sollte: mehr arbeiten, gesünder essen, mehr Sport treiben, Workshops besser vorbereiten, mehr Bücher lesen, mehr netzwerken, mehr … Diese Stimme macht mir Angst, nervt mich, stresst mich und doch kann ich sie nicht abstellen. Denn sobald ich versuche, sie abzuschalten, sagt sie mir: “Ich bin der Motor, der dich antreibt. Ohne mich wirst du faul und nutzlos”. Und weil ich ein ordentlich sozialisiertes Arbeiterkind bin, habe ich ihr geglaubt.

Bis zur Erschöpfung.

Aber die Wahrheit ist, dass diese Stimme lügt. Denn sie gibt mir nicht wirklich mehr Energie. Sie nimmt sie mir. Sie wertet mich ab und setzt mich unter Druck. Und daraus entsteht weder Inspiration noch Schaffenskraft, sondern nur Stress, gepaart mit dem verzweifelten Versuch, mit einem nie enden wollenden Anspruch an ein diffuses “Mehr / Besser” mithalten zu können.

Warum es soweit kommt?

Weil wir uns nicht die Freiheit nehmen herauszufinden, was wir eigentlich Wollen.

Ein wichtiger Entwicklungsschritt für jeden Menschen ist das Messen an und die Integration von externen Erwartungshaltungen. Daraus entsteht unser Sollen. Doch damit endet die Reise nicht. Den nächsten Schritt zu gehen, bedeutet zu spüren, was ich – in Abgrenzung dazu – eigentlich WILL.

Und dabei geht es gerade nicht um die großen Fragen des Lebens, sondern um die kleinen Momente, die unser tägliches Erleben prägen und in Summe unser Verständnis von uns uns selbst und der Welt, die wir gestalten, so grundlegend prägen. Denn damit verändern wir unseren inneren Dialog, weg von:

“Ich sollte wirklich mehr Bücher lesen.”

“Ich sollte heute Abend noch auf dieses Business Event gehen.”

“Ich sollte mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen.”

Hin zu:

“Dieses Buch klingt spannend, ich will ein paar Seiten lesen und schauen, wie lange es mich interessiert.”

“Ich will Zeit für mich haben.”

“Ich will am Wochenende mit meiner Tochter Hockey spielen.”

Und plötzlich wird aus Stress wieder Neugier und die Energie entsteht da, wo sie wirklich gebraucht wird.

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